22.10.2024
Wirtschaftsstrafrecht: Bundesgericht achtet Legalitätsprinzip - Freispruch
Nater Dallafior erwirkt für ein Mitglied des Verwaltungsrates einer Schweizer Inkassofirma einen Freispruch vom Vorwurf der mehrfachen verbotenen Handlungen für einen fremden Staat (Art. 271 Ziff. 1 StGB).
Das fragliche Unternehmen verschickte im Auftrag italienischer Polizeibehörden an Fahrzeughalter mit Schweizer Wohnsitz, die in Italien für Verkehrsregelverletzungen rechtskräftig gebüsst worden waren, Zahlungsaufforderungen und Mahnungen. Die Fahrzeughalter wurden darauf hingewiesen, dass bei Nichtbezahlung der Busse bei der nächsten Einreise in Italien eventuell eine Zwangsvollstreckung vor Ort drohen könnte. Das Bundesstrafgericht beurteilte in erster und zweiter Instanz die fraglichen Schreiben als Handlungen mit amtlichem Charakter und sprach die Verwaltungsratsmitglieder der Verletzung von Art. 271 Ziff. 1 StGB schuldig. Das Bundesgericht hiess die Beschwerde von Nater Dallafior gut und sprach den Mandanten frei mit der Begründung, dass ein Schuldspruch angesichts der unklaren Rechtslage nicht mit dem Legalitätsprinzip (nulla poena sine lege) vereinbar sei. Den Schreiben fehle ein hinreichender Bezug zum Zwangsvollstreckungsrecht und es lasse sich nicht ohne vertiefte juristische Abklärung beurteilen, ob die Zahlungsaufforderungen bzw. Mahnungen als direkte Vollstreckung des italienischen Bussenbescheids oder lediglich als Fortsetzung der ursprünglichen (erlaubten) Zustellung dieses Entscheids im Sinne eines Erinnerungsschreibens zu sehen seien. Die fehlende Bestimmtheit der Strafbestimmung konnte nach Auffassung des Bundesgerichts auch nicht durch E-Mails des Bundesamtes für Justiz, mit denen das Unternehmen wiederholt auf ein angebliches Verbot von Busseninkasso zugunsten ausländischer Behörden in der Schweiz hingewiesen wurde, geheilt werden.
Der Mandant wurde von Patrik Salzmann vertreten.